Staubern und der Säntisriese

Der Säntisriese – eine Inspiration
Wer kennt sie nicht im Appenzellerland, die Sage vom Säntisriesen: Mit einem Sack voll lieblichen Häusern ist er aus dem Montafon zurückgekehrt und hat beim Überschreiten des Alpsteins zwischen Hohen Kasten und Staubern diesen Sack an einer scharfen Felskante aufgerissen.
Auf der Staubern sind ihm gleich drei Häuschen rausgefallen. Zwei davon verkeilten sich perfekt ineinander und formten ein Gebäude, welches sich sehr gut in die alpine Landschaft integriert und mit dessen Ausrichtung den Blick in den Alpstein in Szene setzt.
Ja, Sie haben es natürlich bemerkt. Der vorhergehende Abschnitt ist unsere eigene Weiterentwicklung der Sage und die Überleitung zu unserem neuesten Herzens-Projekt: Staubern Erneuerungsbau.
Die Sage vom Säntisriesen und die Idee von den verkeilten Häuschen diente dem Ersatzneubau als Vorlage. Das erneuerte Gebäude wurde im konstruktiven Austausch mit der Fachkommission Heimatschutz und dem Bau- und Umweltdepartement fortlaufend weiterentwickelt und im Januar 2025 bewilligt. Die ganze Entwicklungsgeschichte beschreiben wir nachstehend.
Quelle Bild links: aus dem Buch «Sagen aus dem Appenzellerland» erhältlich beim Appenzeller Verlag von Georg Thürer
Staubern ein herausragendes Berggasthaus
Das Berggasthaus Staubern gehört zu den herausragenden Berggasthäusern im Alpstein. Herausragend im wörtlichen und übertragenen Sinn: Es ist weit herum sichtbar, vom halben Rheintal aus und natürlich auch innerhalb des Alpsteins auf der Südöstlichen Seite. Die Bergbahn von Frümsen zur Staubern ist die erste Bergbahn weltweit, welche energetisch unabhängig und umweltneutral betrieben wird. Die Stromversorgung wird über die Solaranlage und Akkus generiert. Das Gasthaus hat sich über Jahrzehnte zu einem sehr beliebten Ausflugsziel für Bergwanderer auf oder vom Weg zum Hohen Kasten oder aus dem Rheintal entwickelt. Mit der Erschliessung für den öffentlichen Personenverkehr ab Frümsen ist die Staubern auch für den weniger ambitionierten Bergwanderer zum erreichbaren und sehr beliebten Ziel geworden. Die Lage des Berggasthauses ist einfach einmalig und immer wieder atemberaubend, herausragend eben.
Das Gasthaus ist aber nicht nur für einen Tagesausflug beliebt, immer mehr Wanderer verbringen eine Nacht auf der Staubern und dürfen hoffentlich jeweils einen der schönsten Sonnenaufgänge in der Schweiz bewundern. Aber auch der eine oder andere Geburtstag, Hochzeit oder welche Feier auch immer wird gerne auf Staubern gefeiert. Dabei kommt es insbesondere am Morgen immer wieder zu Engpässen der Infrastruktur. Die Übernachtungsgäste treffen beim Zmorge auf die frühen Tageswanderer, am Nachmittag treffen die ersten neuen Übernachtungsgäste auf die Geniesser eines Tagesausfluges.
Langer Rede kurzer Sinn: Die Eigentümer wünschten sich einen Ersatzneubau für eine zeitgemässe Bewirtung unter Einbezug der bestehenden Hütten hinter dem Berggasthaus.
Bildquelle: www.staubern.ch

das erneuerungsprojekt

Ausgangslage und Idee
Die beiden heute bestehenden Hütten hinter dem Berggasthaus sind teils regenundicht und können aufgrund des Alters und Grösse nicht mehr zeitgemäss genutzt werden. Die ältere der beiden Hütten (jene, die näher am Restaurant liegt) dient momentan als Lager für die Wirtefamilie, als auch für den Wegmacher. Früher war darin zusätzlich ein Matratzenlager im oberen Geschoss untergebracht. In der zweiten Hütte befindet sich im Untergeschoss die Technik. Dort wird mittels einer speziellen Anlage altes Frittieröl genutzt um einen Generator anzutreiben. Dieser wiederum ermöglicht es die Gebäude mit Strom und Wärme zu versorgen. Die Staubern wird heute CO2 neutral betrieben.
Idee war es, den älteren der beiden Bauten rückzubauen und die beiden Körper zu einem Volumen zu vereinen. Das komplette Untergeschoss der zweiten Hütte bleibt bestehen und lediglich mit einer neuen Fassade aufgewertet. Der Ersatzneubau vereint neu die Funktionen der beiden Einzelbauten unter einem Dach. Die betrieblichen Abläufe werden optimiert und dringend benötigter Platz und Infrastruktur wird ergänzt. Der Ersatzneubau wird in erster Linie als Frühstücksraum für die Übernachtungsgäste genutzt. Das Berggasthaus Staubern kann weiterhin bis zu 40 Personen über Nacht beherbergen – es werden keine Übernachtungskapazitäten neu aufgebaut.

Entflechtung
Für die Übernachtungsgäste wird momentan im Haupthaus ein Frühstücksbuffet aufgestellt, während gleichzeitig bereits Tagesgäste inklusive deren tierischen Begleitern ins Restaurant strömen und einer erste Zwischenverpflegung auf ihrer Wanderung zu sich nehmen möchten. Diese Vermischung ist heute nicht mehr zeitgemäss und stört die innerbetrieblichen Abläufe stark. Bei nasser Witterung verstärkt sich diese Problematik erheblich, da durch die nassen Kleider und Tiere auch hygienische Standards nicht mehr wie gewünscht eingehalten werden können. Neu können sich die Übernachtungsgäste durch den Tunnel direkt vom Erschliessungskern des Restaurants in den Frühstücksraum begeben, wo sie in aller Ruhe ihr Frühstück bei wunderbarer Aussicht in den Alpstein zu sich nehmen können. Durch den im Verbindungsgang ebenfalls untergebrachten Trocknungsraum können neu auch nasse Schuhe und Jacken über Nacht getrocknet werden. Die Entflechtung der beiden Interessengruppen (Übernachtungs- & Tagesgäste) hilft den Gastgebern, die immer anspruchsvolleren Besucher optimal zu bewirtschaften und lässt sie den Alpstein von der besten Seite erleben.

Einpassung in die Landschaft
Mit den volumetrischen Abstufungen besticht der Ersatzneubau durch eine optimale Einbindung ins Gelände, welche die Wirkung und Grösse des Gebäudes zurückhaltend erscheinen lässt. Typische Appenzeller Architekturmerkmale wie eine klare Gliederung der Fassade und Fenster, baulicher Witterungsschutz durch das Vordach und die Vorschilder sowie die Holzschindeln an den Wänden und auf dem Dach verleihen dem Gebäude einen ortstypischen und zeitgemässen Ausdruck. Das Gebäude tritt nicht als Kopie einer Alphütte in Erscheinung, sondern erhält durch die Zuhilfenahme der Sage und lokaler Bautradition eine starke Verankerung und Rechtmässigkeit vor Ort.
Prozessentwicklung
Am runden Tisch
Für uns war von Anfang an klar, dass alle Interessengruppen an einen gemeinsamen, runden Tisch sitzen müssen. Wir haben diverse Modelle entwickelt, vorgestellt, verworfen, diskutiert, justiert und verbessert. Nach langer Vorbereitung in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Behörden und Verbänden haben wir die informelle Zustimmung für einen massvollen Neubau mit einer aus unserer Sicht perfekten Einpassung in die Landschaft erhalten.
Der formale Prozess zur Baubewilligung
Natürlich musste das Projekt dann auch die formalen Bewilligungsstufen auf allen Ebenen durchlaufen. Wir haben die Unterlagen und Pläne entsprechend aufbereitet und mit grösstmöglicher Transparenz und Dokumentation das Baubewilligungsgesuch eingereicht. Die Bewilligung ist mittlerweile ohne Einsprachen erfolgt, was uns auch ein wenig stolz macht.
Für uns ist dieser Prozess im Rückblick Beweis und Blaupause für ähnliche Herausforderungen, dass man unter Einbezug aller Interessengruppen und mit einer konstruktiven Grundeinstellung auch in besonders schützenswerten Umgebungen vernünftige und eingepasste Bau-Projekte realisieren kann.
Umsetzung
Ganz ehrlich, wir waren auch etwas überrascht, wie schnell es auf einmal gegangen ist! Wir befinden uns nun bereits in der Ausführungsplanung. Die ersten Gespräche mit Experten und möglichen Auftragnehmern werden geführt: Umsichtiges, ökologisches und rücksichtsvolles Bauen auf relativ unzugänglichen 1’751 m.ü.M. will gut geplant sein. Die mögliche Bauzeit wird von der Natur vorgegeben, die eine oder andere knifflige Fragestellung eröffnet sich immer erst in der detaillierten Ausführungsplanung. Uns stehen dafür aber wunderbare Menschen und Experten zur Seite. Unsere Hauptbegleiter Peter Fässler (MFW Architekten) und die Familie Lüchinger (Inhaber Staubern) haben schon viel «Unmögliches» realisiert und umgesetzt. Wir haben uns guten Mutes zusammen mit Ihnen und allen künftigen Partnern auf dem Weg zu einer neuen Aera in der Stauberngeschichte gemacht. Wir freuen uns auf die anstehenden Aufgaben und sind dankbar ein Teil dieser Geschichte sein zu dürfen.
Wie weiter?
Wir halten Sie auf unseren Kanälen Instagram und Zeitgeist auf dem Laufenden und dokumentieren die Erneuerungsbauten kontinuierlich.